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Test: Fiat 500

Der Fiat 500 ist seit geraumer Zeit der Bestseller der Marke. Kein Konkurrent ist so lange auf dem Markt, und Fiat war mit Aktualisierungen eher sparsam. Ist der Kauf des niedlichen Retroautos noch immer eine gute Idee? Kommt darauf an, was man vorhat, wie unser Test zeigt

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Fiat 500 28 Bilder

(Bild: Jessica Franz-von Ahn)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Jessica Franz-von Ahn
Inhaltsverzeichnis

Da steht er: Der erste Testwagen der heise/Autos-Redaktion in zartem Rosa. Stellaweiß heißt die Metalliclackierung des Fiat 500 in der aktuellen Ausstattungslinie „Star“. Niedlich wirkt er mit seinen runden Scheinwerfern und den Rundungen der Karosserie. Damit spielt das Auto sämtliche Vorurteile eines typischen Frauenautos aus.

Nett ist der Fiat 500 aber nicht nur von außen gestaltet. Auch innen wiederholen sich die Rundungen: Das Cockpit und auch die Knöpfe für Klimaanlage, Warnblinklicht und Eco-Modus sind bauchig geformt. Der verchromte Türöffner, eine Erinnerung an den Vorfahren aus den 1960ern, spiegelt Insassen schlanker als sie sind – sehr charmant. Selbst die Kopfstützen sind rund und lassen ein vollkommen durchgestyltes Auto erwarten.

Stilbrüche

Doch ein Blick auf den Rückspiegel enttäuscht: Das klobige Ding gleicht einem Ersatzteil eines Billiganbieters. Außerdem vibriert er beim Beschleunigen. Auch Türgriffe und Taster auf dem Navigationssystem durchbrechen den Eindruck, es mit einem perfekt designten Fahrzeug zu tun zu haben. Für Fahrerin oder Fahrer fehlt ein Spiegel in der Sonnenblende. Die Innenraumbeleuchtung erinnert an eine trübe Kellerfunzel. Die Armaturen sind aus billig wirkendem Plastik. Edel muten dagegen die Sitze aus einer hellen, teilweise gesteppter Vinyl-Stoff-Kombination an. Blinkerhebel und Kupplungspedal sind trotz filigraner Bauweise nicht abgebrochen. Das Bremspedal ist nicht für breite Füße und Gummistiefelträger gedacht.

Die Verarbeitung insgesamt gefällt, trotz der teilweise sehr einfachen Materialien. Nun kann man argumentieren, dass der 500 ein Kleinstwagen ist. Doch der Fiat verkauft seine Niedlichkeit so teuer, dass „Welpenschutz“ absolut nicht angebracht ist: Der Testwagen kam auf einen Listenpreis von mehr als 21.000 Euro – und er war nicht mit allem ausstaffiert, was möglich ist. Beispielsweise war ein festes Glasdach eingebaut. Das ist in der Ausstattungsvariante „Star“ Standard – und wie Hungern vor dem Feinkostladen. Eine Öffnungsfunktion kostet 500 Euro, wir würden das ordern.

Schmal, wendig, übersichtlich

Wie praktisch ein Kleinstwagen in Städten ist, zeigt sich insbesondere auf schmalen Straßen und in engen Parkplätzen: Eine Fahrzeugbreite von 1,63 m erlaubt Fiat-500-Fahrern selbst in schmalen Parklücken die Türen weit zu öffnen. Aufgrund der großen Pforten und der steilen A-Säule gestaltet sich das Ein- und Aussteigen recht bequem. Selbst Menschen von fast zwei Metern Größe können in dem kleinen Auto komfortabel sitzen: Der Bruder meines Kollegen Christian misst 1,98 Meter und bestätigt uns, dass das Fahrzeug mehr Bewegungsfreiheit bietet als sein bis 2018 gebauter BMW 3er Touring – und einen aufrechteren Einstieg.

Trotz der geringen Länge von 3,57 m bietet der Fiat ein erstaunlich gutes Raumgefühl und einen Kofferraum mit einem Volumen von 185 l. Klappkorb und Kühltasche passen problemlos hinein. Die geteilte Rücksitzbank lässt sich rasch umklappen und bietet so mehr Raum für größere Gegenstände. Der geringe Wendekreis gefällt mir gut, wie auch die Übersicht dank großer Fenster. Der Testwagen bietet eine Einparkhilfe hinten. Die 350 Euro dafür lassen sich aber sinnvoller einsetzen. Parksensoren vorne gibt es beim Fiat 500 nicht. Sie wären aber auch wirklich unnötig.

Funktional noch zu verbessern

Auch die Übersicht über Instrumente und Hebel ist gut gestaltet. Dennoch sollten sich Fahrer vor Fahrtantritt den Hebel für den Tempomaten einmal näher anschauen. Diesen verdeckt nämlich das Lenkrad, und seine Funktionen lassen sich nicht intuitiv ermitteln. Der Tempomat zeigt die gewählte Geschwindigkeit nicht an und in unserem Test gibt das Fahrzeug manchmal unbegründet Gas. Vermutlich ist noch eine alte Geschwindigkeit eingestellt. Dies lässt sich aber nicht überprüfen.

Auch das Antippen des Blinkers für zweimaliges Blinken benötigt etwas Gewöhnung. Einfach gestaltet ist der Interwallscheibenwischer, der lediglich eine Stellung bietet. Einen Regensensor bietet unser Testwagen nicht. Auch für das Licht sind lediglich zwei Stellungen vorgegeben: Licht an oder Automatik. Das optionale Xenon-Licht ist in einem Kleinstwagen ungewöhnlich, aber hervorragend.

Das Cockpit ist für Fahrer übersichtlich, da es wenige Informationen anzeigt. Das ist besser gelöst als beim Modell vor dem 2016er-Facelift, bei dem Tacho und Drehzahlmesser in einer Anzeige verschmolzen waren. Der Schalthebel befindet sich auf angenehmer Höhe. Nur beim Griff zur Handbremse ist rasch einmal der Hebel für die Sitzverstellung gegriffen.